Santiago, Chile. Alle guten Dinge sind bekanntlich ja drei. Genau, deshalb bin ich auch wieder in Santiago, weil’s mir hier so gut gefällt. Wobei – ich werd jedes Mal schräg angeschaut, wenn ich ausdrücklich keine Plastiktüte im Supermarkt will. Wieso auch? Ich hab meinen eigenen Rucksack dabei. Wait what? Die Sackerl-Packer neben der Kasse schauen mich immer an, als wär ich eine Außerirdische. Eigene Tasche – wo macht man denn sowas?! Aber jetzt mal der Reihe nach: Erstmal war ich ja noch in Bolivien – und da ist wirklich einiges passiert…
Days travelled: 262
Distance travelled by car: 59.155 km (davon 21.915 km in Südamerika)
Beds I slept in: 104 (includes cars & campers)
Countries: 9
Na gut, Frida hatte ich also im Gepäck, es ging auf nach Bolivien. Von Corumbá in Richtung Westen durchquerten wir unzählige kleine Dörfer, bis wir über noch sehr gute Straßen nach Santa Cruz gelangten. Die Nacht in der riesen Stadt konnte nicht schnell genug vergehen, am nächsten Tag ging’s weiter in Richtung Samaipata. Nein, zuvor wollten wir noch einen Abstecher zu den großen Sanddünen (Valle de la Luna) im Süden der Stadt machen. Sams zwang sich durch den Dreck, bis er vor einem riesen Matschloch Halt machte. Nein, da geht es definitiv nicht weiter. Eher knutsch ich mit 5 Pferden, als dass ich Frida da durchfahren lasse. Nicht mit meinem Sams.
Na gut. Also zu Fuß weiter. Nein, halt. Laut Einheimischen ist das noch ein Fußmarsch von ca. 40 Minuten – einfach! Ja fuck, das schaff ich sicher nicht. Super, ganz toll. Naja, also ich würd’s mit meiner Muskelschwäche schon schaffen, aber würd hald sicher 2 Stunden brauchen. Und dann den Weg auch nochmal zurück. Und dann mega im Arsch sein. Nein, danke. Frida machte sich also allein auf den Weg, um die überaus tollen Sanddünen zu bestaunen. Kein Stress – hatte eh weitaus schönere Dünen in Namibia gesehen 🙂 Trotzdem ziemlich deprimierend… Ich hab mich solang nützlich betätigt und hab Tagebuch geschrieben, hing ziemlich viele Tage hinterher. Und diese ganzen Eindrücke und Erlebnisse wollen ja festgehalten werden.
Knoblauch-Butter & der (nicht) schlafende Sams
Als Frida zurückkam, stellten wir es fest: Sams’ Augen waren die ganze Zeit offen und er konnte nicht schlafen. Und ich hab nix bemerkt. Für alle, die meine Vermenschlichung von Sams nicht kapieren: das Licht brannte 😉 Aus die Maus. Batterie leer. Ja verdammte Scheiße aber auch. Was für ein beschissener Tag. Schlimmer konnte es eigentlich nicht mehr werden. Erst der Schlag in die Fresse wegen dieser saublöden Muskelschwäche, die mich wieder mal daran hinderte, was zu sehen, was ich eigentlich schon sehen wollte und jetzt spinnt auch noch Sams. Gott sei Dank war nebenan eine Baustelle mit vielen Jungs. Auch wenn sie gefühlt erst eine Stunde Siesta gemacht haben, bevor einer mal mit nem Starterkabel zum Fremdstarten kam – sie kamen. Und das ist ja das, was zählt 🙂 So kamen wir aber mit dem netten Helfer ins Gespräch und es stellte sich raus, dass er eine Biofarm betreibt, auf der sie Butter, Joghurt & Co. herstellen. Ja Mensch, glatt noch geile Knoblauch-Butter und den weltbesten Naturjoghurt eingekauft 🙂
Die App für Südamerika: iOverlander
Aber wie gesagt, Bolivien war bisher mein größtes Abenteuer. Klar kam da noch was: Und zwar 5 Stunden Fahrt für 120km. Yaaaay. Herzlichen Glückwunsch. Die Straßen waren miserabel! Da wir uns auf dem Weg nach oben ins Hochgebirge befanden, wurd’s auch immer kälter. Angekommen in Samaipata, ging’s erstmal laut der übrigens überaus tollen Crowd-App iOverlander in eine Pension von einem deutschen Ehepaar. Krasse Sache: Die beiden sind vor 25 Jahren ausgewandert und haben dort 8 (!!!) Kinder aus Waisenhäusern adoptiert. 8!!! Joa, warum nicht? Einer der Jungs schmeißt mittlerweile die Pension so ziemlich alleine. Der Vater macht selbst Wurst, ein anderer Sohn backt deutsches Brot. Hmmmmmmm… herrlich. Deutsches Brot nach 7 Monaten! Ein Traum!
Aber nochmal kurz zur App: Die App rettet mir seit zwei Monaten so ziemlich mein Geldtascherl. Schade, dass ich erst so spät daovn erfahren hab. In Australien und Neuseeland gibt’s ja wikicamps. In der App werden dir kostenlose Campingplätze, Duschen und Sehenswürdigkeiten verraten. iOverlander ist für komplett Südamerika und verrät dir so einiges: billige Schlafplätze, must-see’s, korrupte Polizeistationen (apropos… ;), Mechaniker uvm. Tipps zusammengestellt von anderen Reisenden.
Kommunikation mit Hand und Fuß
Apropos korrupte Polizisten also. Am nächsten Tag ging’s weiter in Richtung Sucre. Das war der Tag mit der Straßensperre, als wir bis 18.30 Uhr warten mussten, bis die Straße wieder geöffnet wurde. Na jedenfalls fuhren wir durch das kleine Dorf Saipina und bewunderten so die Straßen, die Gebäude, die Menschen… Wir sind/waren beide einfach vollkommen beeindruckt von Bolivien. Na jedenfalls stand da wohl ein Schild der Polizei, aber die Leine war nicht gespannt, sondern lag auf dem Boden. Hab ich nicht wirklich wahrgenommen. Hmmmm… auf einmal fährt die Polizei hinter mir, überholt und gibt mir böse zu verstehen, dass ich doch gefälligst umdrehen sollte, warum ich nicht angehalten hätte. Blabla… Der Typ war sehr unfreundlich, sein Kollege etwas netter. Aber ich Doofnuss versteh ja leider nichts. Zu blöd aber auch. Und wieder mal durfte ich nach vielen Hand- und Fußbewegungen gehen, ohne auch nur einen Cent bezahlt zu haben! Wissen wie… 😉
Halbe Schweine & frischgepresster Saft in Sucre
Sucre. Auch heute, gut sechs Wochen nachdem ich in der tollen weißen Stadt war, bin ich noch geflasht: erstmal ist es eine super schöne Kolonialstadt und zweitens hat sie den wohl schönsten mercado central (Zentralmarkt) überhaupt. Ich war komplett überwältigt: Obst und Gemüse wohin das Auge reicht. Und so viele typisch gekleidete Bolivianerinnen. Halbe Schweine, ganze Hühner… und im Innenhof viele Marktfrauen, die dir einen individuellen Saft pressen. Aber meine Worte können das nicht beschreiben. Ich lass meine Bilder sprechen 🙂
Sams schreit halb Potosi zusammen
Potosi war dann wieder ein Erlebnis für sich. Erstmal hat’s richtig gehagelt, dann fanden wir uns in den Tetris-ähnlichen Straßen nicht zurecht. Und dann war’s auch noch arschkalt. Und dann meinte auch noch Sams, er müsste rumzicken. Danke, du Mädchen! Auf der Tour durch riesen Schlaglöcher hoch auf den Cerro chico (Berg außerhalb der Stadt) wär ich natürlich fast schon wieder gestorben. Sams tut mir bei so Straßen schon immer sehr leid. Naja, Frida ist hoch, ich hatte die Augen zu 🙂 Aussicht genossen, piep, Sams sperrt sich selbst ab. Naja, dann machen wir ihn eben wieder auf! Öhm, oder auch nicht? Nun ja, auf ging er, aber der Alarm war nicht mehr zu deaktivieren.
Toll, auf 5.000 Metern Höhe schreit mein Mädchen also eine Stunde lang durch die Gegend… Ein junger Mann, der sich eigentlich – wie wir – den Sonnenuntergang da oben angucken wollte, wurde eingespannt und nach ca. 1,5 Stunden des Versuchens mit und ohne Ferndiagnose aus Santiago de Chile haben wir dann einfach das Kabel des Alarms gekappt. Aus die Maus. Sams war ruhig, nur noch die Warnblinkeranlage war an. So fuhren wir also durch die Tetris-Straßen mit Warnblinker zurück ins Hostel. Dort war dann gleich ein netter Argentinier zu Hilfe – er hatte das Problem auch schonmal. Der bastelte dann gechillt bis 1 Uhr morgens an Sams rum. Alarm ging wieder, Warnblinker war aus. Nichtsdestotrotz ging’s am nächsten Morgen zum Arzt mit ihm. Das Problem würde schließlich wieder kommen… So wurde Sams also wieder mal am Straßenrand operiert 🙂
- fun facts
In den Höhenlagen waren wir immer völlig erschöpft, nachdem wir uns im Bett auch nur einmal umdrehten: Versuch dich mal mit 4 Decken auf dir ordentlich zu bewegen 😉 - Eines Morgens bekamen wir wieder gesagt, dass eine Straße ab 8 Uhr gesperrt sei. Es war 7.20 Uhr, wir bräuchten 35 Minuten dort hin. Tja, statt mit 80 km/h nahm Frida die Kurven mit 120km/h und ja, wir schafften es noch rechtzeitig durch die Absperrung 😉
Ostern auf Drogen
Ostern verbrachten wir übrigens auch in Potosi. Die komplette Osterwoche lang finden beeindruckende Prozessionen statt, in denen Marienstatuen und Jesus auf Thrönen durch die Gegend getragen werden. Ostereier gibt’s aber leider keine. Ich hatte zumindest nirgends welche gesehen. Frida, der Fuchs, hat aber irgendwo welche aufgetrieben und mir das Osterfrühstück versüßt. Eigentlich hätte ich sie ja suchen sollen, aber da ich auf Droge war, hat sie mich verschont 🙂 Auf Droge, na auf Coca-Droge: Das Kauen von Coca-Blättern hilft gegen Kopfschmerzen aufgrund der Höhe 🙂 Coca-Blätter enthalten übrigens 2% Kokain, sind aber in Südamerika völlig legal. Beim Kauen der Blätter wird durch den Speichel das Kokain in Ecgonin umgewandelt. Dieser Stoff ist weniger suchterregend als Kokain.
Und dann kam der Tag, an dem wir uns auf den Weg in Richtung Uyuni machten: die wohl beeindruckendste Strecke bisher. Statt 3 Stunden (laut Google) waren wir einfach mal 7 Stunden unterwegs. Und nein, die Straßen waren nicht schlecht – es waren niegelnagelneue Asphaltstraßen. Allerdings mussten wir alle paar Meter halten, weil wir einfach komplett überwältigt waren. Aber auch hier sagen die Bilder mehr als 1.000 Worte. Leider haben mich an dem Tag meine Muskeln mal wieder verlassen und ich bin zwei Mal gestürzt. Das zweite Mal jedoch am wohl schönsten Punkt der Tour. Die Aussicht war atemberaubend. Frida setzte sich hinter mich, umarmte mich und wir genossen einfach den Moment…
Ich drück euch aus der Ferne,
eure Kathi
PS: Ich hol mir jetzt trotz Diät ne Schoki. Weil solange Kakaobohnen auf Bäumen wachsen, ist Schokolade immer noch Obst.