São Paulo, Brasilien. Heute ist Tag 192 und ich liege ein letztes Mal im Bett neben Katja. Die Zeit mit Katja ist vorbei. Nach 192 Tagen, an denen wir 24/7 aufeinander hingen, ist unsere Reise jetzt vorzeitig beendet. Ich trenne mich morgen von der Frau, die mich wohl am besten kennt…
Warum endet unser Traum früher als geplant? Nun, Katja hat Anfang des Jahres ein berufliches Angebot bekommen, das sie nicht ausschlagen konnte. Viele schlaflose Nächte quälten uns im verregneten Neuseeland. Auch eine Heul-Session mit McDonalds-Essen für 5 Leute im Bett brachten wir hinter uns. Doch die Entscheidung fiel. Und hätte sie sich dagegen entschieden, hätte ich sie wohl zu ihrem Glück zwingen müssen…
Die Qual der Wahl
Lange hab ich hin und her überlegt. Mach ich weiter? Kann ich das alleine? Will ich das? Aber meine Zeit, um zurück nach Europa zu kehren, ist noch nicht gekommen. Nein, ich mache weiter. Bis ich mir dessen wirklich 100 pro sicher war, vergingen Tage und Wochen. Heute zweifle ich kurz, weil ich die blöde Kuh neben mir saumäßig vermissen werde…
Mittlerweile hab ich Sams, ich weiß, dass man in Südamerika zwar Respekt aber definitiv keine Angst haben muss. Und was für mich echt wichtig ist: das mit der Barrierefreiheit haben sie hier zwar noch nich 100 pro drauf, sind aber mit der Entwicklung fast schon weiter als z.B. Salzburg. Gut! Und btw shame on Salzburg! Ne, ich komm fast überall allein hin. Und wenn’s zum Bankautomaten mal wieder ne gefühlt 1Meter Stufe hochgeht, na dann muss ich eben um Hilfe bitten. Aber hey – ich hab ein scheiß chilenisches Auto gekauft und stand da kurz vorm Nervenzusammenbruch (ok, bissl übertrieben), hab mich mit nem brasilianischen (die Story dazu folgt demnächst) und mehreren chilenischen und argentinischen Mechanikern rumgeschlagen, ich bin von einer Brücke gesprungen! Da kann ich auch ein paar Tausend Kilometer allein durch die Gegend fahren! Und noch dazu hab ich heut nebenbei erfahren, dass es hier in Brasilien blablacar gibt. Check! Vielleicht gibt’s also paar brasilianische Gesprächspartner on the road 😉
Wir liebten & hassten uns
Katja und ich führten eine Beziehung. Ja, wir haben alles (!!!) zusammen gemacht. Ja man – ihr wollt nicht wissen, wie oft es einfach mal keine Tür zu unserem Klo gab. Nein, teilweise nichtmal einen Vorhang. In den 192 Nächten haben wir vielleicht 20 Mal nicht im selben Bett geschlafen und 5 Mal davon vielleicht nicht im selben Zimmer. Wir haben uns kennengelernt. Wir haben gestritten – sodass die Fetzen geflogen sind. Wir haben zusammen gelacht, geweint, unvergessliche Momente zusammen verbracht. Scheiße man, es war einfach eine einmalige & großartige Zeit. Und irgendwie war jeder dieser Tage ein Highlight für sich.
Auch wenn wir uns von Zeit zu Zeit gegenseitig an die Wand hätten klatschen können, hätte ich mir für meine Reise keine bessere Partnerin vorstellen können. Mein erster Eindruck bei unserer ersten Begegnung hat sich bewahrheitet. Katja ist ein wunderbarer Mensch. Ich hab so viel von ihr gelernt…
Nudeln, Paprika & der kleine Finger
Ich weiß jetzt, wie viel Salz ins Nudelwasser muss, um die perfekten Nudeln zu bekommen. Alter und kennt ihr den Trick, eine Paprika total easy zu öffnen? Ich kann mittlerweile morgens losfahren, ohne für abends ein Bett zu haben. Ich war 8 Tage lang nicht duschen – ja ok, leicht eklig. Aber was soll man mitten in der Wüste auch ohne Dusche machen? Ich laufe ungeniert im Bikini über den Strand – uns ist nämlich egal, was andere von uns denken. Die Liste ließe sich noch unendlich verlängern. Aber das wohl wertvollste Geschenk, das ich von Katja bekommen habe, ist mein gesteigertes Selbstvertrauen, was die Krankheit anbelangt. Sie war immer da für mich, immer. Auch wenn sie mir oft nur den kleinen Finger hinhielt. So hab ich gelernt, dass ich meist gar keine Hilfe brauche, sondern viele Hürden (Stufen) alleine überwinden kann. Mein Kopf braucht nur eben die kleine Finger-Sicherheit. Danke, Katja!
Als Agi hier war, sind wir in den Pool – ich mit der Aussage, dass ich keinen Plan hätte, wie ich wieder rauskomme, aber dass es schon eine Lösung gäbe. Es gibt immer eine Lösung. Vor einem halben Jahr noch hätte ich das wohl nicht gemacht, meinte Agi. Danke, Katja!
Katja, danke, dass es dich gibt. Danke, für alles, was ich von dir lernen durfte. Danke für 192 (morgen dann 193) unvergessliche Tage! Du bist wunderbar!
Deine Kathi
PS: Jetzt kann ich mich endlich voll auf’s Bett fallen lassen, ohne dass es jemanden nervt! 😉
Wie es jetzt weitergeht? Ihr dürft gespannt sein 🙂 Möglicherweise hat sich die Route geändert… 😉