Alles im Leben ist ein Geschenk, auch eine Krankheit

Málaga, Spanien. Alles passiert aus einem Grund. Das ist mein Leitspruch. Dieser Satz hilft mir seit Jahren, zu verstehen. Aber manchmal vergesse ich ihn im Eifer des Gefechts…

Früher hab ich mich oft gefragt warum ich. Warum zum Teufel ich? Warum kann ich nicht laufen wie alle Anderen? Warum kann ich nicht sein wie alle Anderen? Warum muss ich anders sein? Fuck, warum halten meine Beine nicht her? Warum? Warum? Warum?

Und da kam es nicht selten vor, dass ich gestürzt bin und in Tränen ausgebrochen bin. Tränen vor Verzweiflung, Wut. Dann hat es meist einige Stunden, vielleicht aber auch einen ganzen Tag gedauert, ehe ich wieder positiv denken konnte, und aus dieser Opfer-Rolle rauskam. Vielleicht kennt ihr das auch: euch passiert etwas und ihr ärgert euch über euch selbst, das hättet ihr doch besser machen können, ihr könntet besser sein, ihr müsst besser sein.

Falsch. Schlichtweg falsch.

Wir sind gut, genau so wie wir sind. Ja, uns passieren Dinge im Leben, aber eben alles immer aus einem Grund. Das Herausfordernde daran ist, herauszufinden, was genau dieser Grund ist… Ich persönlich bezeichne Vorkommnisse – egal ob augenscheinlich „negativ“ oder positiv – immer als Geschenk. Und dann gilt es, dieses Geschenk auszupacken, anzunehmen, umzusetzen. Das Geschenk zu nutzen für persönliches Wachstum. Genau das ist nämlich der Grund für diese Geschenke: sie sind eine Chance für persönliches Wachstum. Meine persönliche Wahrheit ist sogar, dass sich jede Seele ihre Herausforderung aussucht, noch bevor sie in einen menschlichen Körper geboren wird. Sie möchte gewisse Erfahrungen machen, eben um zu wachsen.

Wenn ihr mit diesem spirituellen Kram nichts anfangen könnt, auch gut. Wie gesagt – es handelt sich dabei um meine Wahrheit. Eure Wahrheit kann eine ganz andere sein 🙂

Achtung, da ist ein Geschenk des Lebens im Anmarsch – zack, lieg ich auf der Fresse!

Ich bin mittlerweile schon recht gut darin, diese Geschenke auszupacken. Manchmal merk ich sogar, dass ich bald eines bekomme, handle aber dennoch anders, weil ich es nicht haben möchte.

An Tag #2 in Mexiko bin ich beispielsweise gestürzt. Ich wusste, dass die Wahrscheinlichkeit zu fallen relativ groß war, ich hab es trotzdem alleine gemacht und nicht um Hilfe gebeten. Zack bum lag ich auf der Schauze. Knie, Ellbogen und Fuß aufgeschlagen. Richtig geile Schürfwunden, die sich gut zwei Wochen gezogen haben. Heute, schon knapp 3 Monate später, ist immer noch alles rosarot. Diese schweinchenfarbenen Stellen an meinem Körper erzählen Geschichten. Oh und da hab ich viele, sehr viele davon.

Da bin ich in Australien gestürzt, als ich aufm Weg zum Klo war. Da hat ein Staubsauger gedacht, er verpasst mir mal eine ganz besondere Wunde. Mein erstes Mal mit Kalimero. Und so weiter und so weiter…

Ich lag also auf dem Boden, zwei Nachbarn kamen sofort angelaufen, halfen mir auf. Als ich auf Kalimero saß, hab ich tief durchgeatmet und mich erstmal innerlich über mich selbst geärgert, weil ich ja wusste, dass es passieren würde. Kurz vorher hab ich nämlich noch überlegt, jemanden um Hilfe zu fragen, war mir dann aber zu doof.

Das Geschenk des Sturzes war für mich in diesem Fall mit Klarsichtfolie eingepackt: Die Message hinter diesem Ereignis ist glasklar: Kathi, frag um Hilfe. Du musst nicht immer alles alleine können. Und genau diesen Reminder brauche ich anscheinend von Zeit zu Zeit immer mal wieder.

Die Krankheit als Geschenk?

Ok und das klingt jetzt wahrscheinlich echt krass. Ihr denkt euch sicher – spinnt die jetzt? Wie kann eine Krankheit ein Geschenk sein?

Ja, ich hab da auch echt lange gebraucht, aber as I said, ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns unsere Herausforderungen noch vor der Geburt aussuchen und eben bestimmte Erfahrungen machen möchten.

Ja, das Leben mit einer Muskeldystrophie ist echt hart. Fuck, wenn das Aufstehen vom Klo eine echte Herausforderung ist. Fuck, wenn es ein echter Act ist, einen Stift vom Boden aufzuheben, wenn er dir runtergefallen ist. Fuck, wenn die blöde Flasche mal wieder nicht aufgeht, weil die Kraft in den Händen fehlt. Alltägliches ist eine Herausforderung. All das, was für euch vielleicht das Normalste ist. Dinge, über die ihr gar nicht erst nachdenkt, weil alles funktioniert.

Aber ich glaube, ich hab mein Warum gefunden. Durch diese Krankheit ist es mir möglich, die Welt ein kleines Stückchen besser zu machen, ein kleines bisschen barrierefreier. Dem Thema Behinderung Visibilität zu geben. Menschen zu motivieren, hinauszugehen, denn alles ist immer irgendwie möglich. Und dafür bin ich dankbar. Dankbar, dass ich aufgrund der Krankheit genau das tun kann.

Eure Kathi

Post Autor
Kathi

Kathi - immer fröhlich, gut gelaunt und meist mit einem Lächeln auf den Lippen anzutreffen. Verliebt in Spanien, leicht zum Lachen zu bringen, optimistisch und pünktlich...



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