Costaricanisches Familienleben, Klo-Konversationen & pura vida

Gandoca, Karibikküste Costa Ricas. Es ist jetzt kurz nach 8 Uhr und ich sitze im Bett und schau aus dem Fenster. Normalerweise stehe ich gegen 4:30 Uhr auf und setz mich vor die Haustür, um dem Erwachen der Natur zu lauschen. Am ersten Morgen saß ich nämlich kurz vor 5 aufrecht im Bett vor Schreck. Keiner hatte erwähnt, dass die Kongo-Affen in aller Herrgotts Früh vor meinem Fenster so laut brüllen… Heute aber regnet es seit den frühen Morgenstunden heftig. Ich hab mich also entschieden, im Bett zu bleiben, den Ventilator auszumachen und einfach zuzuhören. Der Regen prasselt auf das Blechdach des kleinen karibischen Häuschens, in dem ich aktuell wohne. Es riecht leicht modrig, doch immer wieder kommt ein nach tropischem Regen riechender Luftzug durchs Fenster.

Mein Arm juckt – ach, da läuft grad eine Ameise. #sowhat – Ich kann mich gar nicht so richtig aufs Schreiben konzentrieren, da ich ständig von irgendeinem wunderschönen Vogel vor meinem Fenster abgelenkt bin. Meine Gastmutter meinte am ersten Tag zu mir, dass es hier einen wunderschönen, riesengroßen blau/schwarzen Schmetterling gibt, der sich so gut wie nie blicken lässt. Gestern, als ich so auf meinem Lieblingsplatz vor der Haustür saß, fliegt er plötzlich an mir vorbei. Er heißt Morpho Azul – ein Foto hab ich nicht gemacht. Vielmehr war ich sprachlos vor Schönheit. Auf dieser Reise mache ich generell viel weniger Fotos als bisher. Ich versuche viel mehr im Hier und Jetzt zu sein und die Momente zu genießen. Ich versuche alle Eindrücke zu verinnerlichen.

Affe im Baum vor meinem Haus

Die besten Konversationen gibt’s hier zwischen Klo & Bett

Meine Gastmama sitzt grade auf’m Klo und quatscht mit mir. Ich sitz auf meinem Bett. Ja, so ist das hier. Die Räume haben zwar Wände und Türen, die Wände gehen aber nicht bis zur Decke. Am ersten Tag dachte ich mir – oh mein Gott, wie soll das denn werden, wenn ich mal muss? – aber soll ich euch was sagen? Ich hatte mich super schnell dran gewöhnt. Hier herrscht so eine Herzlichkeit, ich wurde so liebevoll aufgenommen und ich geh seit Tag #2 problemlos aufs Klo, denk mir nix dabei.

So, aber jetzt mal von vorne. Wo bin ich? Was mache ich hier? Und überhaupt?

Nach langem Hin- und Herüberlegen hab ich mich vor einigen Wochen dazu entschlossen, alleine nach Lateinamerika zu reisen. Warum alleine? Nunja, vielleicht weil ich mir beweisen wollte, dass ich Eier habe. Vielleicht genau aus dem Grund, weil ich wachsen wollte.

Also hab ich mich ans Googeln gemacht. Ich wollte Costa Rica kennenlernen, wusste aber natürlich, dass eine normale Rundreise für mich alleine definitiv anstrengend sein würde. Und auf meiner Weltreise vor sechs Jahren hab ich für mich entdeckt, dass mir mehr an Qualität statt Quantität liegt. Ich wollte die Kultur, die Menschen, das Essen kennenlernen und nicht 100 Strände, unzählige Vulkane & 50 Safaris machen. Und ich hab die für mich absolut perfekte Lösung gefunden: Gandoca Cultural Exchange.

Gandoca ist ein kleines Dorf mit 350 Einwohnern in einem Naturschutzgebiet nahe der Grenze zu Panama. Es liegt super ab vom Schuss direkt am Strand. Aktuell kommen drei Arten von Schildkröten an Land, um ihre Eier abzulegen. Die Jungs hier patrouillieren nachts, um die Eier der Schildkröten ggf. an einen sichereren Ort zu bringen – denn der Mensch ist ein Arschloch (klaut die Eier, um sie zu verspeisen)… Außerdem befindet sich hier der größte Mangroven-Wald der Karibik.

Das Gandoca Cultural Exchange Programm ermöglicht es dir, in einer einheimischen Familie zu leben und als Volontär zu unterstützen. Normalerweise kommen die Leute her und helfen bei der Kakao- oder Bananen-Ernte, befreien die Strände von Müll oder aber unterstützen in der Schule. Und genau das mache ich. Meine Gastmama ist Köchin und versorgt die Kids (zwischen 5 und 12) mit Frühstück und Mittagessen und ich darf ihr dabei helfen. Ich hatte auch schonmal das Vergnügen, den Größeren Englisch-Unterricht zu geben… Ich zahle hier 35 USD pro Nacht und werde mit Essen versorgt. Das Geld geht zu 100% an die jeweilige Familie.

Mein karibisches Zuhause

Meine Familie hier hat einen kleinen Laden, in dem sie Reis, Salz, Bier & Co. verkauft. Hier ist also immer etwas los – langweilig wird einem nie. Entweder es kommt jemand auf ein Bier vorbei nach getaner Arbeit, oder aber die Primos (Cousins) – hier ist jeder mit jedem verwandt – treffen sich und quatschen. Habe mich mega schnell als Teil der Familie gefühlt. Meine Gastschwester Naveli ist 21, ihr Freund Kiriku (Justin) 19 und mein kleiner Bruder, Edrian, wird demnächst 14.

Costaricanisches Familienleben: Der 13-jährige Fahrer & Kathi auf’m Pick-up

Am ersten Abend sind sie gleich mit mir an den Strand gefahren – als ich gemerkt hab, dass Edrian fährt, sind mir fast die Augen rausgefallen. Auch wenn er kaum über’s Lenkrad sieht, er fährt ziemlich gut 😊 Tja und stilecht wollt ich natürlich direkt hinten auf der Ladefläche mitfahren. Das ist hier Standard und macht super viel Spaß.

Unterwegs mit Muddi, Bruder & Nachbarsjunge

Seit ich diesen Post begonnen habe ist im Übrigen eine Woche vergangen. An besagtem Regentag haben wir den ganzen Tag Domino & Karten gespielt. Es hat ununterbrochen geregnet, auch am Folgetag. Die Zufahrtsstraße zu Gandoca und die umliegenden Städte waren überschwemmt. Die Menge an Regen sei nicht normal, meinten sie. Aber generell regnet es fast jeden Tag, danach ist es direkt wieder sonnig. Einfach mega cool, dieser karibische Regen. Was ich schon gemerkt hab – für meinen nächsten Trip in die Karibik darf ich bessere Klamotten auswählen. Meine Röcke & Shirts bestehen aus relativ festem Stoff, was das Trocknen nach dem Waschen relativ schwierig macht. Ich hatte schon Pech – der nächste Regen kam, meine Klamotten waren nicht trocken & haben dadurch bissl angefangen zu müffeln. Tja, man lernt nie aus.

Heute Vormittag war ich mit meiner Family, einem Primo & seinen Kids hier in der Lagune. Sind eine Runde mit dem Boot gefahren, ich hab mich gesonnt und seit Mittag lieg ich eigentlich im Bett. Mich hat vor zwei Tagen eine Bremse gestochen, was mich ein wenig ausknockt. Ziemlich angeschwollen, groß & heiß. Gehört dazu, zum Dschungel-Leben. Funfact: Natürlich hat mich das Vieh in den Hintern gestochen – sitzen ist folglich grad nicht so geil.

Was ich so die letzten Tage erlebt hab, was noch bevorsteht und warum ich hier bleiben möchte erzähl ich euch demnächst 😊 Nur so viel: Das Leben ohne heißes Wasser, mit durchgehend Sommer, Strand & Affen vor der Haustür & fast täglichem Stromausfall ist irgendwie entspannter als unser erfolgsgetriebenes Deutschland. Lateinamerika ist einfach my hood.

Adiós amigos!

Eure Kathi

PS: Pura vida ist hier übrigens sowohl Begrüßung als auch Verabschiedung und heißt soviel wie „genieß das Leben“ – und das tu ich hier in vollen Zügen!

Post Autor
Kathi

Kathi - immer fröhlich, gut gelaunt und meist mit einem Lächeln auf den Lippen anzutreffen. Verliebt in Spanien, leicht zum Lachen zu bringen, optimistisch und pünktlich...



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