Salzburg, Österreich. Draußen regnet es und ich hoffe darauf, dass der Frühling dann doch bald kommt. Langsam hab ich nämlich die Schnauze voll von diesem ekligen Wetter. Augen schließen und an Lateinamerika denken hilft Gott sei Dank. Hach, was waren die 4 Wochen im Februar toll. Kalimero ist das erste Mal so weit geflogen. Und ich bin einen halben Tod gestorben. Wird er heile ankommen? Aber ja, er ist heile angekommen und wir sind auch wieder (fast) komplett zurückgekommen. Nur unsere Halterung für die Weinflasche ist abgegangen und Kalimeros rechte Stoßstange. Dafür kamen wir mit Spannungswechsler im Gepäck zurück.
Die Weinflaschenhalterung konnte man Gott sei Dank wieder dran schrauben. Ist aktuell nicht so schlimm, weil ich seit Dezember nix mehr trinke – das sind damit jetzt genau 4 Monate. Tut meinem Körper ganz gut. Ich gönne ihm sozusagen eine Auszeit, bevor er in Málaga wieder jeden Tag ein Bier oder nen Wein trinken muss – haha.
Brand im 34. Stockwerk? Danke, Spannungswechsler!
Angekommen in Panama City blieben Kalimero und ich erstmal eine Woche dort. Ich wollte mich erstmal akklimatisieren, außerdem hatte ich noch keinen Urlaub und hab erstmal noch 5 Tage Home Office gemacht. Und am erstenTag gleich mal der Schock – Kalimero lädt nicht. Ladegerät kaputt? Nein. Es ist der Unterschied der Spannung der Steckdosen. Na toll! Immerhin haben die Steckdosen der Trockner in Lateinamerika auch 230 V. Kalimero ist für die Zeit in Panama City also gerettet. Aber danach? Ich wollte ja wieder raus aus der Zivilisation, da gab es keine Trockner. Mit Glück mal einen Tag keinen Stromausfall. Ich brauchte also einen Spannungswechsler!
Jedenfalls war der nette Typ ausm AirBnB dann so nett und hat mir einen Spannungswechsler besorgt. Es funktionierte, Kalimero (Rollstuhl mit Zuggerät) lud. Als ich 30 Minuten später aus der Dusche kam roch es verbrannt. Panisch rannte ich aus dem Zimmer und sah, wie vom Spannungswechsler Rauch aufstieg und die Fliesen darunter komplett schwarz waren. Grade noch so rechtzeitig… Das Ding sah nicht mehr so schön aus. Das Ladegerät funktionierte Gott sei Dank noch! Was war das Problem? Tja, der Spannungswechsler war nur für 220 V – Kalimero braucht aber 230. Also wieder auf die Suche gegangen. Ihr glaubt gar nicht, wie mühsam diese Suche war. 10 Läden reichten sicher nicht. Ja, ich übertreib gern, aber es waren wirklich 10. Schlussendlich fand ich einen Spannungswechsler für bis zu 500 V in einem mini Laden am Busbahnhof. Das Ding wiegt 2,5 Kilo, aber es funktionierte! Yessss <3
Sidenote: Amazon gibt’s dort zwar, aber 1. unterstütze ich lieber die lokale Wirtschaft und 2. war ich mir auch nicht sicher, ob der Versand dort zuverlässig funktionieren würde.
Der fürstliche Klogang
Aber ich möchte das nur nochmal betonen: 2,5 Kilo Gewicht im Koffer für diesen dummen Spannungswechsler, es werden jedes Mal weniger Klamotten, die ich mitnehme, haha. Dabei hatte ich dieses Mal echt schon viel weniger dabei als letztes Jahr in Costa Rica, es war aber definitiv immer noch zu viel. Im Endeffekt reichen 3 Kleider, 1 Rock und 2 Shirts. Dieses Mal war mein Koffer zu Hälfte voll mit meinem Thron.
Was labert sie jetzt schon wieder? Welcher Thron? Naja, es geht mal wieder um die altbekannte Klothematik. Darüber hab ich ja schon des Öfteren berichtet. Das ist bei mir immer wieder Thema. Erinnert ihr euch noch an meine Klosprengung in Argentinien? Aus einem Spaß im Nebensatz wurde Ernst und I love it. Ich meinte zu meiner Muddi „glaubst meine Klositzerhöhung passt in den Koffer?“ – „Logisch!“ Sie hatte schon immer ein grandioses Augenmaß und natürlich hatte sie recht. Ich hatte vor, wieder zu meiner Gastfamilie nach Costa Rica zu fahren und erinnerte mich daran, dass deren Klo recht niedrig war. Mit einem Stuhl, den ich mir jedes Mal mit ins Bad nahm, um mich daran hochdrücken zu können, funktionierte es. Aber warum so umständlich? Gesagt, getan. Das Ding war im Koffer.
Und im Ernst, ab sofort verreise ich nie wieder ohne meinen Thron (in Málaga hab ich btw schon seit 2 Jahren einen deponiert :D). Ich mein, so ein fürstlicher Klogang hat schon was, oder? Ne, wirklich – die Klos in Lateinamerika sind teils sogar nur 39 cm hoch, was suuuuper niedrig ist. Und da meine Kraft in den Oberschenkeln nicht so super ist, wie es vermutlich eure ist, tu ich mich eeeecht schwer, aufzustehen, bzw. komm, wenn’s blöd läuft, erst gar nicht mehr hoch. Oder aber ich kann erst gar nicht aufs Klo gehen. Mein Thron hat mir auf dieser Reise nicht nur den Aufenthalt bei meiner Gastfamilie erleichtert, sondern generell die Suche nach einer Unterkunft.
Für mich ist das Wichtigste immer, dass die Eingangstür breit genug für Kalimero ist und dass ich sehe, wie das Bad aussieht. Das Klo muss passen und die Dusche ebenso. Jetzt kann ich etwas entspannter an die Sache herangehen. Denn mit meinem Thron ist es viel einfacher, aufzustehen. Egal ob das Bad jetzt barrierefrei ist oder nicht.
Aus 10 Studen mach 22: Busfahrt mit Zwischenfall
Tja und ohne meinen Thron und auch meinen Plastik-Penis wäre ich auf dieser Reise wirklich verloren gewesen. Ich hatte mich entschieden, von Panama City nach Costa Rica mit dem Bus zu fahren – ab ins Abenteuer quasi. Sidenote: die Reisebusse in Panama sind nicht barrierefrei. Kalimero wurde unten rein verladen und ein netter Passagier hat mir in den Bus geholfen, indem er mir immer ein Bein hochgehoben hat, Stufe für Stufe. Während des Einsteigens hab ich festgestellt, dass ich das auch alleine hinbekommen hätte. Hauptsache ich hab mir Stunden vorher schon wieder Gedanken gemacht, ob und wie ich wohl in den Bus reinkommen würde. Innere Hürden und so…
Jedenfalls ging es abends um 20 Uhr los, sodass ich +/- um 6 Uhr morgens in Changuinola bin, – Endstation des Busses, ca. 10 Kilometer vor der Grenze zu Costa Rica auf der Karibikseite. Die Grenze macht um 7 auf, also wollte ich da quasi direkt drüber. Tja. Durch sehr zähfließenden Verkehr schon aus Panama City raus hatten wir Verspätung und um kurz nach halb 5 bleibt der Bus plötzlich stehen. Und bis 11 Uhr bewegt er sich auch kein Stück mehr.
Es dauerte, bis wir mitbekamen, was passiert war. Wir standen irgendwo in den Bergen Panamas, es war noch dunkel. Ich hatte kein Netz und konnte daher weder meiner Gastschwester in Costa Rica Bescheid geben (sie wollte mich um 7 an der Grenze abholen), noch meiner lieben neuen Freundin in Panama City eine Nachricht schicken. Also fragte ich rum, ob jemand Netz hatte, sodass ich eine Whatsapp schicken konnte. Tja und so kamen wir alle ins Gespräch. Die Dinge passieren immer aus einem Grund – super liebe Leute kennengelernt… viele Deutsche, ein Schweizer etc. Irgendwann musste ich aufs Klo, das im Bus stank schon wie die Pest, also meinten die lieben Leute „komm Kathi, wir begleiten dich jetzt raus. Wir können auch Kalimero auspacken, immerhin stehen wir hier noch ein Weilchen.“ Stufen raus und rein ist ein act für mich, wisst ihr.
Also packte ich meinen Plastik-Penis ein und ab nach draußen. Unweit von unserem Bus war ein kleines Häuschen. Der Mann brutzelte schon auf Hochtouren Hühnchen und Kochbananen. Er machte sicher den Umsatz des Jahres. Hinter und vor uns waren auch einige Busse. Und die Menschen hatten Hunger. Jedenfalls durften wir bei ihm aufs Klo gehen. Wollt ihr ein Bild sehen? Gerne 🙂 Hätte ich mich hingesetzt, hätte ich das Klo sicher umgeworfen (war nicht mehr verankert) und mir 100 Krankheiten eingefangen. In der Hocke geht nicht, Muskelkraft zu wenig.
Während wir warteten, dass die Unfallstelle geräumt wird, freundete ich mich mit dem Busfahrer an. Schadet nie – später werdet ihr noch verstehen, warum 🙂 Selbstverständlich machte er mir direkt einen Heiratsantrag. Blaue Augen, Europäerin („die muss viel Geld haben“), großer Hintern – Lottogewinn für einen Latino 😀
Um 11 Uhr, also nach 6 Stunden an einem Fleck, ging es schlussendlich weiter. Wir drehten um, fuhren eine Umleitung, da die Unfallstelle wohl noch für mehrere Stunden gesperrt sein würde. Diese Umleitung wollte der Busfahrer erst nicht fahren, da sie nicht für Reisebusse geeignet ist. Hmmm ok, und plötzlich doch? Ein anderer Reisebus hatte es wohl ausgetestet. Tja, ich sags euch – wir fuhren über ziiiiemlich viele, ziiiiemlich kleine und windige Brücken. Der zweite Busfahrer musste mehrmals aussteigen und prüfen, ob die Äste über uns nicht unser Dach herunterreißen würden bzw. musste er den Gegenverkehr oben am Hügel aufhalten, sodass wir Vollgas die Berge hochkamen. Eine Erfahrung für sich. Aber hat alles geklappt.
Was war denn passiert? Leider etwas sehr Dramatisches. Ca. 500 Meter vor uns war ein Bus voller Flüchtlingen verschiedenster Herkunft den Abhang hinunter gestürzt. Insgesamt starben 41 Personen. Dieser Bus hatte uns 10 Minuten vorher noch überholt, als wir gerade Pause machten. Der Busfahrer hatte eine Einfahrt in ein Flüchtlingsheim übersehen und wollte wenden. Da wir gerade mitten im Gebirge waren, waren die Straßen entsprechend steil und kurvig. Leider ging das Wendemanöver schief… :/
Innere Kinofilme – und was wenn?
Statt um 6 Uhr morgens kamen wir schlussendlich um ca. 17:30 Uhr an. Die Grenze machte um 18 Uhr zu. Ich brauchte also eine Unterkunft, denn bis zur Grenze wäre es nochmal eine Taxifahrt gewesen und ob ich es noch schaffen würde, war unklar. Die beiden Busfahrer waren so so lieb und meinten zu mir, ich solle sitzen bleiben, bis alle ausgestiegen sind. Und was passierte dann? Dann fuhren wir zu dritt mit dem großen Reisebus durch die kleine Stadt und suchten eine Unterkunft für mich. Die Jungs hielten 3x und fragten nach, ob ein einigermaßen barrierefreies Zimmer frei wäre, ehe sie mich aussteigen ließen. Und eine Taxifahrt zur Grenze für den nächsten Morgen 7 Uhr haben sie mir auch direkt noch klargemacht. #LatinoLiebe
Diese Hilfsbereitschaft und Gastfreundschaft, einmalig <3
Während mein Kopf schon wieder den ganzen Tag lang 4 Kinofilme drehte nach dem Motto „was wenn ich keine Unterkunft für Kali und mich finde?“ wusste ich, dass zumindest ein Gang aufs Klo gerettet war. Ohne meinen Thron wäre ich in der Unterkunft nämlich aufgeschmissen gewesen. Ich hätte nicht aufstehen können…
Mein Koffer besteht also mittlerweile zur Hälfte aus Hilfsmitteln, die mir das Leben erleichtern: Thron, Plastik-Penis, Ladegerät für Kali (ziemlich groß) und der Spannungswechsler mit seinen zwei Komma fucking fünf Kilos. Und je nach Destination hab ich auch eine Anti-Rutsch-Matte für die Dusche dabei. Außerdem hab ich immer ein Terraband zum Trainieren dabei sowie ein Anti-Rutsch-Fleckerl für den Boden: für den Fall, dass der Boden rutschig ist und während eines Aufstehmanövers mein Fuß wegrutschen würde.
Jetzt wurde es sogar ein bissl länger, weil ich heut so im Fluss bin. Ich bin euch immer noch die Story schuldig, als ich dachte, ich hätte den Plastik-Penis verloren und was Kalimero auf dem Dach eines Busses machte. Stay tuned. Jetzt hab ich erstmal Hunger.
Adiós amigos.
Eure Kathi
PS: Heut hab ich kein PS, hab einfach nur Hunger!